Literary Sources of Hugo Wolf's String Quartets (abstract)
RILM abstracts, VIII/2-3 (May-Dec.) 1974, relating to the Musical Newsletter essay
Almost all Wolf's music - not only the songs, choral works, and operas but the instrumental music as well - is avowedly derived from verbal (usually literary) sources. On the hypothesis that the same is true of the string quartets, detailed arguments are offered for supposing that the D-minor quartet has reference to Goethe's Faust and the serenade in G to Eichendorff's Aus dem Leben eines Taugenichts. It is further conjectured that theHumoristisches Intermezzo in E flat owes at least something of its inspiration to a work by Mörike - left unspecified in the article, because readers' opinion are sought, but in factHäusliche Szene of 1853 was the poem in mind.
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[Mörike: Häusliche Szene, from Gedichte, Ausgabe 1867, ED]
Schlafzimmer. Präzeptor Ziborius und seine junge Frau. Das Licht ist gelöscht.
»Schläfst du schon, Rike?« - »Noch nicht.« - »Sag, hast du denn heut die Kukumern
Eingemacht?« - »Ja.« - »Und wieviel nahmst du mir Essig dazu?« -
»Nicht zwei völlige Maß.« - »Wie? fast zwei Maß? Und von welchem
Krug? von dem kleinern doch nicht, links vor dem Fenster am Hof?«
»Freilich.« - »Verwünscht! So darf ich die Probe nun noch einmal machen,
Eben indem ich gehofft schon das Ergebnis zu sehn!
Konntest du mich nicht fragen?« - »Du warst in der Schule.« - »Nicht warten?« -
»Lieber, zu lange bereits lagen die Gurken mir da.«
»Unlängst sagt ich dir: nimm von Numero 7 zum Hausbrauch -«
»Ach wer behielte denn stets alle die Zahlen im Kopf!« -
»Sieben behält sich doch wohl! nichts leichter behalten als sieben!
Groß, mit arabischer Schrift, hält es der Zettel dir vor.« -
»Aber du wechselst den Ort nach der Sonne von Fenster zu Fenster
Täglich, die Küche pressiert oft und ich suche mich blind.
Bester! dein Essiggebräu, fast will es mich endlich verdrießen.
Ruhig, obgleich mit Not, trug ich so manches bis jetzt.
Daß du im Waschhaus dich einrichtetest, wo es an Raum fehlt,
Destillierest und brennst, schien mir das Äußerste schon.
Nicht gern sah ich vom Stockbrett erst durch Kolben und Krüge
Meine Reseden verdrängt, Rosen und Sommerlevkoin,
Aber nun stehen ums Haus her rings vor jeglichem Fenster,
Halb gekleidet in Stroh, gläserne Bäuche gereiht;
Mir auf dem Herd stehn viere zum Hindernis, selber im Rauchfang
Hängt so ein Untier jetzt, wieder ein neuer Versuch!
Lächerlich machen wir uns - nimm mir's nicht übel!« - »Was sagst du?
Lächerlich?« - »Hättest du nur heut die Dekanin gehört.
Und in jeglichem Wort ihn selber vernahm ich den Spötter;
Boshaft ist er, dazu Schwager zum Pädagogarch.« -
»Nun?« - »Einer Festung verglich sie das Haus des Präzeptors, ein Bollwerk
Hieß mein Erker, es sei alles bespickt mit Geschütz!« -
»Schnödes Gerede, der lautere Neid! Ich hoffe mein Stecken-
Pferd zu behaupten, so gut als ihr Gemahl, der Dekan.
Freut's ihn, Kanarienvögel und Einwerfkäfige dutzend -
Weise zu haben, mich freut's, tüchtigen Essig zu ziehn.« -
Pause. Er scheint nachdenklich. Sie spricht fUEr sich:
»Wahrlich, er dauert mich schon; ihn ängstet ein wenig die Drohung
Mit dem Studienrat, dem er schon lange nicht traut.« -
Er fährt fort:
»Als Präzeptor tat ich von je meine Pflicht; ein geschätzter
Gradus neuerlich gibt einiges Zeugnis davon.
Was ich auf materiellem Gebiet, in müßigen Stunden,
Manchem Gewerbe, dem Staat, denke zu leisten dereinst,
Ob ich meiner Familie nicht ansehnlichen Vorteil
Sichere noch mit der Zeit, dessen geschweig ich vorerst:
Aber - den will ich sehn, der einem geschundenen Schulmann
Ein Vergnügen wie das, Essig zu machen, verbeut!
Der von Allotrien spricht, von Lächerlichkeiten - er sei nun
Oberinspektor, er sei Rektor und Pädagogarch!
Greife nur einer mich an, ich will ihm dienen! Gewappnet
Findet ihr mich! Dreifach liegt mir das Erz um die Brust!
- Rike, du lachst! ... du verbirgst es umsonst! ich fühle die Stöße ...
Nun, was wandelt dich an? Närrst du mich, törichtes Weib?« -
»Lieber, närrischer, goldener Mann! wer bliebe hier ernsthaft?
Nein, dies Feuer hätt ich nimmer im Essig gesucht!« -
»Gnug mit den Possen! Ich sage dir, mir ist die Sache nicht spaßhaft.« -
»Ruhig! Unseren Streit, Alter, vergleichen wir schon.
Gar nicht fällt es mir ein, dir die einzige Freude zu rauben;
Zu viel hänget daran, und ich verstehe dich ganz.
Siehst du von deinem Katheder im Schulhaus so durch das Fenster
Über das Höfchen den Schatz deiner Gefäße dir an,
Alle vom Mittagsstrahl der herrlichen Sonne beschienen,
Die dir den gärenden Wein heimlich zu zeitigen glüht,
Nun, es erquicket dir Herz und Aug in sparsamen Pausen,
Wie das bunteste Brett meiner Levkoin es nicht tat;
Und ein Pfeifchen Tabak in diesem gemütlichen Anblick
Nimmt dir des Amtes Verdruß reiner als alles hinweg;
Ja seitdem du schon selbst mit eigenem Essig die rote
Dinte dir kochst, die sonst manchen Dreibätzner verschlang,
Ist dir, mein ich, der Wust der Exerzitienhefte
Minder verhaßt; dich labt still der bekannte Geruch.
Dies, wie mißgönnt ich es dir? Nur gehst du ein bißchen ins Weite.
Alles - so heißt dein Spruch - habe sein Maß und sein Ziel.« -
»Laß mich! Wenn mein Produkt dich einst zur vermöglichen Frau macht -«
»Bester, das sagtest du just auch bei der Seidenkultur.« -
»Kann ich dafür, daß das Futter mißriet, daß die Tiere krepierten? « -
»Seine Gefahr hat auch sicher das neue Geschäft.« -
»Namen und Ehre des Manns, die bringst du wohl gar nicht in Anschlag?« - -
»Ehre genug blieb uns, ehe wir Essig gebraut.« -
»Korrespondierendes Mitglied heiß ich dreier Vereine.« -
»Nähme nur einer im Jahr etliche Krüge dir ab!« -
»Dir fehlt jeder Begriff von rationellem Bestreben.« -
»Seit du ihn hast, fehlt dir abends ein guter Salat.«
»Undank! mein Fabrikat durch sämtliche Sorten ist trefflich.« -
»Numero 7 und 9 kenn ich, und - lobe sie nicht.« -
»Heut, wie ich merke, gefällst du dir sehr, mir in Versen zu trumpfen.« -
»Waren es Verse denn nicht, was du gesprochen bisher?« -
»Eine Schwäche des Mannes vom Fach, darfst du sie mißbrauchen?« -
»Unwillkürlich, wie du, red ich elegisches Maß.« -
»Mühsam übt ich dir's ein, harmlose Gespräche zu würzen.« -
»Freilich im bitteren Ernst nimmt es sich wunderlich aus.« -
»Also verbitt ich es jetzt; sprich wie dir der Schnabel gewachsen.« -
»Gut; laß sehen, wie sich Prose mit Distichen mischt.« -
»Unsinn! Brechen wir ab. Mit Weibern sich streiten ist fruchtlos.« -
»Fruchtlos nenn ich, im Schlot Essig bereiten, mein Schatz.« -
»Daß noch zum Schlusse mir dein Pentameter tritt auf die Ferse!« -
»Dein Hexameter zieht unwiderstehlich ihn nach.« -
»Ei, dir scheint er bequem, nur das Wort noch, das letzte zu haben:
Hab's! Ich schwöre, von mir hast du das letzte gehört.« -
»Meinetwegen; so mag ein Hexameter einmal allein stehn.« -
Pause. Der Mann wird unruhig, es peinigt ihn offenbar, das Distichon nicht geschlossen zu hören oder es nicht selber schließen zu dürfen. Nach einiger Zeit kommt ihm die Frau mit Lachen zu Hülfe und sagt:
»Alter! ich tat dir zuviel; wirklich, dein Essig passiert;«
»Wenn er dir künftig noch besser gerät, wohlan, so ist einzig
Dein das Verdienst, denn du hast, wahrlich kein zänkisches Weib!« -
Er, gleichfalls herzlich lachend und sie küssend:
»Rike! morgenden Tags räum ich dir die vorderen Fenster
Sämtlich! und im Kamin prangen die Schinken allein!«